(Originalaritkel vom 1.6.2014)
Damals, ’72, Vietnam…
Spaß beiseitige, mein neuster Neuzugang hat gerade mal 42 Jahre auf dem Buckel bevor er zu mir fand. Nach der dritten Oldtimerrestauration und diversen Reparaturen an Gerät was noch zu Wirtschaftswunderzeiten gebaut wurde, bekommt ein Auge dafür die Substanz zu schätzen und nicht nur den ersten Eindruck. Daher werde ich hier über die Reparation des Carl Kaeser Kompressor 120-20 ausführlich berichten & diesen Post regelmäßig aktualisieren.
Zugegeben, er sieht schon ziemlich fertig aus, war wahrscheinlich schon einige tausend Betriebsstunden runter und wurde nicht immer pfleglich behandelt.
Erster Test: Das Teil läuft noch & fördert Luft.
Zweiter Eindruck nach wenigen Minuten: Es muss noch eine Menge getan werden. Das Tankbarometer bleibt auf 0 Bar hängen, der Ölsumpf ist hoffnungslos überfüllt & das Öl ist pechschwarz wie Rohöl. Die Zylinderdichtung ist hinüber und der Druck entweicht über den Kurbelkasten langsam wieder. Die Schweißnähte an der Platte die Motor und Tank verbinden sind gebrochen. Und die Reifen lassen sich nicht mehr wirklich drehen. Joa, das die Schrauben festsitzen ist wohl das geringste Übel nach 40 Jahren.
Nach dem Ölablassen hab ich dann einen kurzen Blick in den Kurbelkasten gewagt und staunte nicht schlecht: Nur ein Pleuel drin :O Das der eine Zylinder aus Stahlguss ist und der andere nur aus Alu, hatte ich schon beim Abholen gesehen, aber eher einer Art Verdichterstufe vermutet. In der Realität ist es ein Explansionskühler. Sowas wie der Ladeluftkühler für die turbogeladenen Luftpumpen wie sie mittlerweile in fast allen Autos verbaut werden.
Die 40 Dienstjahre sieht man dem Kurbeltrieb nicht an – das Rollenlager sieht aus wie frisch vom Band.
Morgen geht es dann weiter.
*** Update 1 *** (2.6.2014)
Heute weiter gemacht und nach und nach den gesamten Kompressor zerlegt (jetzt fehlt nur noch der Tank). Angefangen mit der Eingangsseite vom Elektromotor, der sich als Einphasen-Repulsionsmotor heraus gestellt hat – ist mir vorher auch noch nicht in die Hände gekommen. (Kurzerklärung: E-Motor mit hohem Anlaufmoment ohne Drehstrom)
Unter dem Aluminium kam dann auch richtig Dreck hervor:
Der Rotor ist ein richtiger Brummer. Keine Ahnung was das Teil genau wiegt, aber es sind schon einige Kilos.
Danach ging es dann dem Verdichterteil an den Kragen. Dafür musste zunächst der Zylinder ab und der Kolben raus.
Damit festgestellt das Kolben nach in gutem Zustand ist, der Zylinder aber gehont werden muss, siehe den Rost unten auf der Lauffläche (das darf dann ein Kollege für mich tun). Anschließend dann noch die Pleuel samt Ausgleichsgewicht von der Welle des Elektro -Motors abgezogen und das Kurbelgehäuse demontiert.
Als nächstes werde ich die Kugellager vom Motor ersetzten, das Pleuellager ist noch in Ordnung. Dann aus Dichtpapier neue Dichtungen für den Zylinder machen und die Köpfe bearbeiten. In den Ventilen hat es ganz hart gegammelt, ich hab sie vorsichtshalber schon mal in WD-40 eingelegt.
Bis zum nächsten Update.
*** Update 2 *** (3.6.2014)
Heute gibt es nicht wirklich was zu sehen. Die alten Kugellager und Simmerringe sind ausgebaut & gereinigt, neue schon auf dem Weg. Alle anderen Teile hab ich geputzt und das Kurbelgehäuse von dem schwarzen Urschlamm befreit der sich am Boden gesammelt hat. Wieder mal so eine Aktion wo man merkt wie groß die eigenen Hände sind, wenn man durch das Loch da oeben (rechtes Bild) nicht mehr gut rein kommt.
Neu lackiert wird der Gute nicht. Auch wenn das eigentlich mein Plan war, aber das ist mir die Arbeit nicht wert. Die Zylinder waren eigentlich mal schwarz, die Köpfe schön poliert und das Gehäuse Redesa-Grün. (Fenchel-Grün wie ich es nenne). Hammerschlaglacke gefallen mir eigentlich ganz gut, ich hätte auch in zeitgemäßem blau lackiert, aber dafür müsste man zu viel Arbeit reinstecken. Vielleicht ist der Tank in 5 Jahren durchgerostet, der Zylinder und Ventiltrieb haben ihre besten Tage jedenfalls schon hinter sich. Bei einem Kopf ließ sich die “Ventilschraube” erst nach 2 Minuten unter ständigem Hämmern mit dem Schlagschrauber lösen, und dann auch nicht gut.
In Blau mit mattschwarzen Zylindern und aufgearbeiteten Köpfen hätte das Teil sicherlich optisch einiges her gemacht, aber was solls. Unterm Strich muss das Teil Luft pumpen.
Soviel von heute.
*** Update 3 *** (7.6.2014)
Die neuen Kugellager und der Simmering sind da, und ich hab beim Zylinderlager den falschen Typ bestellt, ohne Anschlag, statt mit. Sehr gut. Also eigentlich wäre der Kompressor heute fertig gewesen, so dauert es noch bis Ende nächster Woche bis das neue, richtige Lager da ist.
In der Zwischenzeit und weil es sonst nicht viel zu tun gab, schon mal die Halterung auf dem Tank repariert. Auch wenn es gut schweißbarer ST37 Stahl ist, darauf hatte ich keine Lust. Dann hätte ich hinten auch noch annehmen müssen und das wäre zuviel des Guten gewesen. Also zwei Löcher gebohrt, 8.8er M6er Maschinenschrauben rein und mit selbstsicherenden Mutter festgemacht. Hält.
Der Zylinder ist auch vom honen zurück, der Stahl glänzt wieder richtig hübsch und die braune Pest ist Vergangenheit. Hab leider vergessen ein Bild davon zu machen.
Dann aus Dichtpapier neue Dichtungen angefertigt (da kommt man sich immer ein bisschen vor wie im Bastelunterricht der Grundschule). Weil wieder mal Schraublöcher fällig waren, und das mit der Schere immer so lästig ist, schnell auf der Drehbank zwei Locheisen produziert. Einmal mit 5,5mm für M5er schrauben, einmal mit 6,7 (weil zu tief gebohrt) für M6. Auch aus ST235. Klar, gibt definitiv besseren Stahl dafür, aber funktionieren bestens und das war Ziel der Aktion.
Bis das Ersatzlager eintrifft, liegen die Arbeiten am Kompressor ab jetzt auf Eis.
Genießt das Wetter und geht mal nach draußen 😀
*** Update 4 / Fertigstellung *** (12.6.2014)
Nachdem dann gestern das passende Kugellager geliefert wurde, ging es an den Zusammenbau. Insgesamt relativ unspektakulär. Beide Kugellager vorher auf Eis gelegt und passend gemacht, anschließend mit sanfter Gewalt eingerückt. Das schwierigste an der ganzen Sache war das handeln der großen Teile bzw Massen, was schon zu zweit zuweilen ein bisschen eng war.
Nachdem der Elektroantrieb dann wieder komplett war, die Pleuel samt Kolben wieder montiert und den gehonten Zylinder aufgeschoben. Danach noch schnell den Kühlzylinder drauf, die Köpfe montiert, Rohre wieder angeschraubt und alles neu abgedichtet. Die letzte Aktion war dann das Auffüllen mit frischem Öl.
Erster Testlauf: Klappt auf Anhieb. Erster Eindruck: das Teil braucht nen Schalter (geht sofort los wenn eingesteckt). Werde die nächsten Tage noch ein bisschen nach der Elektrik und dem Abschaltventil schauen, aber grundsätzlich ist der “Käsi” wieder fertig und wird bald seinen neuen Platz finden. Neuer Druckluftschlauch liegt auch schon bereit.
Endlich wieder Zeit & Platz für neue Projekte und um Altlasten abzuarbeiten 🙂