Als bekennender Gebrauchtgeräteschrauber und –besitzer ist meine Meinung zu Kunststoffen vielleicht etwas voreingenommen. Am Ende der durschnittlichen Lebensdauer eines Gerätes, der es in meine Hände schafft, kennt verbauter Kunststoff viele Zustände: vergilbt, verwittert, versprödet, zersplittert, gebrochen. Also so ziemlich alles außer heile, weich und noch in Form.
So auch im heutigen Beispiel. Die Bedienflasche eines Kettenzuges, der mir zugelaufen ist, beschreibt den Werdegang des Hebegerätes aus einem Industriebetrieb ganz gut: Dreißig Jahre rauer Betrieb, im Funkenflug der Flex, mitlackiert, abgegrabbelt und vermutlich zehntausendfach irgendwo anschlagen. (dass die Aufnahme des Kettensacks aus Kunststoff in ihre Einzelteile zerfallen war, muss ich wohl nicht erwähnen, oder?). Ganz so schäbig wollte ich das Bedienteil aber nicht belassen – soll in seinem zweiten Leben ja auch noch ordentlich was hermachen – daher nun mein Tipp für durchgefärbte Kunststoffe.
Im Gegensatz zu lackierten Kunststoffen (Farbe auf der obersten Schicht anders als im Grundmaterial), bildet sich der schöne Glanz und die Farbe durch die oberste, glatte Schicht im Kunststoff. Der Rest des Materials ist jedoch in der gleichen Farbe durchgefärbt. Ist die oberste Schicht runter, sieht der Kunststoff darunter stumpf und matt aus – wie ein typischer Lackschaden am Auto.
Um einem durchgefärbten Kunststoff wieder zu neuem Glanz zu verhelfen braucht es nicht viel:
- Schleifpapier/Schleifschwamm in verschiedenen Körnungen
- Silikonentferner / Lösungsmittel zum Entfetten
- 1k- oder 2k-Klarlack
Schleifen bis der Arzt kommt
Zunächst wird die oberste Schicht mit recht grober Körnung, abhängig von der Tiefe und Grad der Verschmutzung, mit 80er-120er Körnung abgeschliffen – ich habe hier 120er genommen. Vermutlich sieht man nun recht deutlich die Schliffmuster, auch wenn man rotierend geschliffen hat. Daher geht es nun mit einer feineren Körnung hinterher. 320-400er kann man schon nehmen und die Oberfläche so lange glätten, bis man zufrieden ist. Ganz verrückte würden vermutlich auch bis 1000er Körnung gehen und dabei schon fast polieren, soviel Zeit habe ich für solchen Quatsch im Leben leider nicht. Daher muss die Behandlung nach dem Pareto-Prinzip ausreichen. Das Ergebnis sieht nun aus: Sauberer, aber total stumpf:
Entfetten und entsilikonisieren
Um erfolgreich lackieren zu können, bedarf es vor allem der entsprechenden Vorarbeit. „Der Untergrund muss sauber, trocken und fettfrei sein“ steht so oder so ähnlich auf jeder Dose oder Sprühdose mit Lack. Vor allem der letzte Punkt hat es hin sich: Auf Fetten und Silikonen hält selbst der beste Lack der Welt nicht, also muss der Käse runter.
Idealerweise nimmt man dafür einen Silikonentferner und einen Werkstattlappen, und wischt das Objekt (mit Nitrilhandschuhen zum Eigenschutz) komplett ab. Anschließend dusche bzw nebel ich das Objekt noch einmal komplett ein, um auch die kleinsten Reste zu entfernen, die etwa von den Handschuhen geblieben sein könnten.
Bremsenreiniger, des Schraubers Wunderwaffe No.1, ist zur Lackiervorbereitung nur bedingt geeignet: Geht es nur um fettfrei, damit die Grundierung für den Gartenzaun hält, kann man das schon machen. Will man aber die Motorhaube des 69er Mustangs lackieren, sollte man hier keine Kompromisse eingehen und richtigen Silikonentferner kaufen.
Sobald man die Lösungsmittel aufträgt, scheint der Kunststoff schon wieder in seiner intensiveren Farbe – so lange, bis das flüssige Nass wieder verflogen ist. Den Effekt kennt wohl jeder von den Platten auf der Terrasse und dem Wasserstrahl.
Neu versiegeln mit Klarlack
Nun geht es an den letzten Schritt auf dem Weg zu neuem Glanz: Dem Versiegeln. Dafür braucht es lediglich Klarlack aus der Sprühdose. Bei einfachen Anwendungen reicht 1k-Lack aus, muss der Lack hart im Nehmen sein, lieber direkt auf einen 2k-Lack setzen. Nun im Kreuzgang und in zwei Schichten auftragen, dazwischen ausreichend anziehen lassen und wenigstens zehn echte Minuten vergehen lassen – dann aufhängen und trocknen lassen.
Hurra, der Glanz ist zurück!
Fertig getrocknet kann sich das Ergebnis wieder sehen lassen: Die Bedienflasche sieht beinahe aus wie am ersten Tag – klar, die Einschlüsse und der Dreck, den ich nicht abgeschliffen habe, sind natürlich geblieben. Im Vergleich zu vorher dennoch eine riesen Unterschied!
Das schöne ist: So eine optische „Instandsetzung“ dauert vielleicht eine Stunde, lässt sich nach Bedarf wiederholen und wertet das Ergebnis dennoch deutlich auf. An dieser Stelle ein fettes Dankeschön an alle Entwickler, die auf durchgefärbte Kunststoffe setzen – die sind mir viel lieber wenn sie alt sind.
Atelier Baumgartner meint
Ich bin ja auch nicht gerade der grosse fan von Kunststoffen. Aber wenn etwas 20 Jahre lang in der Industrie überlebt hat und danach noch gebrauchstauglich ist, dann ist das Produkt wohl nicht ganz so schlecht. Gerade solch eine Bedienflasche wird sehr oft alles andere als pfleglich behandelt. Umso erstaundlicher wenn sie so lange überlebt.
Simon Bäumer meint
Nein, richtig schlecht die Flasche nicht. Aber hübsch war sie eben auch nicht mehr, deswegen dachte ich mir, kann eine Frischzellenkur nicht schaden. Ich finde, der Aufwand hat sich gelohnt 🙂