Ich würde meinen Anspruch an die Ausstattung eines Autos nicht als übermäßig bezeichnen, bin auch schon echt viel Schrottmühlen in meinem Leben gefahren und habe mehr Autos von unten gesehen als mir lieb ist. Aber so manche Kleinigkeit, wie das Vorhandensein eines automatisch abblendenden Rückspiegels, will man einfach nicht mehr missen wenn man sie einmal genossen hat.
Bei Mercedes ist die Nachrüstung zumindest in den letzten Generationen der C-Klasse ein Kinderspiel gewesen: aut. Spiegel kaufen, Spiegel austauschen, Dachbedieneinheit rauspopeln, einstecken, fertig. Bei VW ist die Sache leider nicht ganz so einfach…
Für ein Fahrzeug aus der Familie wurde der Bastler des Vertrauens schon vor zwei Jahren mit der Umrüstung auf einen automatischen abblendenden Rückspiegel betraut. Golf 5, Ausstattung quasi null.
Also erstmal gegoogelt: Zumindest gab es solche Spiegel auch dort. Bei VW angerufen: “Nein, so einfach geht das nicht, da müssen auch die Frontscheibe austauschen.” “die Frontscheibe?!?!?” – “ja, wegen dem Regensensor”.
Oha. kommt für einen schnöden Golfi mit 80PS und 225tkm auf dem Zähler nicht wirklich in Frage, musste also anders gehen. Also durch eBay geklickt, aut. Spiegel von irgendeinem Sharan gekauft für 17 Möppen, zack feddisch.
Ein paar Tage später trudelte die Sendung dann bei mir ein, und ich hatte Zeit, mir die Spiegel und deren Unterschiede im Details anzuschauen.
Ausgekugelt
Ganz so einfach wie bei Fahrzeugen aus der Sternenwarte sollte die Nachrüstung tatsächlich nicht werden: Die Spaßvögel aus Wolfsburg verwenden völlig unterschiedliche Halterungen für die Steinzeit- und die aut. abblendbaren Rückspiegel.
Will man einen solchen Spiegel in einem Fahrzeug ohne dessen Halterung nachrüsten und soll es wirklich die OE-Lösung sein, kommt man um eine neue Scheibe nicht umher. Oder man geht den Weg des Bastlers.
Die Kugel des manuellen Spiegels kann man relativ leicht duch überstrecken aus der Kugelpfanne lösen. Beim automatischen Spiegel ist eine große Feder verbaut, die die Kugel in ihre Pfanne drückt. Diese muss man fachmännisch herunterpopeln um die Kugel dann – auf dem Spiegelgehäuse stehend – aus ihrer Pfanne reißen zu können. Rückwärts muss später zu erst ebenfalls die Feder wieder rein, und dann mit Gewalt die Kugel hineingedrückt werden.
Man nehme:
Eisensäge, 5mm + 6mm Bohrer, M6 Geschwindeschneider & Loctite 648.
Nun knöpft man sich die Halterung des manuellen Rückspiegels vor, und sägt dessen Kugel schlichtweg ab, den Rest des Halters benötigt man, da die Scheibe ja nicht geändert werden soll.
Das Druckgussteil ist zur Hälfte Vollmaterial Also absägen Nun ein 5mm Loch bohren Und das M6 Gewinde hineinschneiden Absägen mit dem Bimetallschwert Die Kugel ist hohl als Kabeldurchführung Die alte Kugel aus dem Sharanspiegel musste ich nicht aufbohren/tiefsenken, die neue schon. Ist aber im Alu mit normalen Senkern kein Problem
Ebenso schwingt man das Bimetallblatt erneuet, um auch die Halterung des automatischen Rückspiegels eine Kugel küruzer zu machen. Hier braucht es nun die Kugel selbst: Gut einspannen, Duchgangsloch 6mm bohren, vorne senken für eine DIN-Senkkopfschraube.
Nun zurück zur Halterung des manuellen Spiegels: Die Spägefläche sollte möglichst winkelgetreu werden, 100%ig braucht es aber nicht sein, ist ja nachher eine Kugel drauf 😉 Dennoch sollte man sich ein wenig Mühe geben und den Rest gegebenenfalls mit der Feile begradigen.
Nun bohrt man hier ein Kernloch 5mm in das Druckgussteil, um anschließend das M6 Gewinde in die Halterung zu schneiden. Ist das Gewinde ausgeblasen und entfettet, wird die neue Kugel mit einer Senkkopfschraube und einem guten Tropfen 648 dauerhaft an der Halterung fixiert.
Wer es schön haben möchte, übersrpüht die Halterung nachher noch in Wunschfarbe: Je nach Ausstattung in Beige oder Schwarz mit Lack aus der Klackerdose – die Halterung fasst ja niemand mehr an.
Automatisch gedimmt
Nun stellt sich sicherlich dem ein- oder anderen die Frage, wie das automatische Abdimmen überhaupt funktioniert. Grundsätzlich ist es recht einfach: ein LC-Display wird über dem Spiegel angebracht und je nach Blendungsgrad der Kontrast hochgefahren und somit die Blendung reduziert – das Kontrastrad kennt ihr ja bestimmt noch vom Gameboy oder den 16×2 LCD-Modulen, die man halt so als Bastler zur Darstellung verwendet.
Gemessen wird die Blendung wie folgt: Ein Helligkeitssensor misst dieUmgebungshelligkeit nach vorne (also Richtung Windschutzscheibe), ein zweiter Sensor sitzt in oder unter der Spiegelfläche selbst und “schaut” nach hinten. Fällt nun hinten deutlich mehr Licht ein als vorne als Umgebungswert gemessen wird, ist dass das Zeichen für den Spiegel, abzublenden. Ein Controller im Spiegel regelt dann je nach Blendungsgrad die Dimmung des Spiegels.
Wie anschließen
Eine Frage die sich viele stellen: Und wie zur Hölle muss ich die ganzen Kabel nun anschließen? Nun, der einfachste Weg ist ein Schaltplan des Autos, aus dem der abblendbare Spiegel stammt – der mühselige Weg, aber meistens noch irgendwie machbar: Plus- und Minuspol ausfindig machen, den Rest der Kabel einfach ignorieren.
Aber wofür sind die anderen Kabel?
Nun, über die anderen Leitungen erhält der Spiegel normalerweise Informationen darüber, was sonst noch so im Auto abgeht, und ihn bei der Regelung stören könnte. Dass da wäre:
– eingelegter Rückwärtsgang: Sobald diese Leitung angeklemmt wird, blendet der Spiegel bei Rückwärtsfahrt automatisch auf
– Türkontakte: Ist eine Tür geöffnet und leuchtet die Beleuchtung in der DBE, fällt deren Licht auf den rückwärtigen Sensor. Ist diese Leitung angeklemmt, wird trotzdem nicht verdunkelt
– Leseleuchten: Hat der Fahrer oder Beifahrer seine Leseleuchte an, würde das Gleiche passieren: Daher wird auch diese Leitung nornalerweise angeschlossen, um den Spiegel nicht ungewollt zu verdunkeln
Braucht man den ganzen Spaß wirklich?
Nein. Nicht wirklich. Wer noch alle Tassen im Schrank hat, kann damit leben wenn der Spiegel durch die Leselampe abgedunkelt wird (er könnte ja auch durch ein blendendes Fahrzeug abgedunkelt werden) und außerdem benutzt man diese Lampe genau wie oft? Also. 😉
Gleiches gilt für den Rückwärtsgang: Eigentlich wird man beim Rückwärtseinparken im Dunkeln selten geblendet: Wenn doch, muss man eben die unendlichen Qualen auf sich nehmen, und den Knopf zur manuellen, erzwungenen Aufhellung drücken – Problem gelöst.
Strom – woher nehmen
Die Frage der Spannungsversorgung ist ja eine Frage, die sich zwangsläufig stellt. Als unmittelbare Stromquelle zapft der Bastler von Welt natürlich als erstes die DBE an, sofern hier Zündplus (Klemme 15) anliegt. Im Golf 5 ist es dort vorhanden, im Golf 5 war dem leider nicht so. Also den Sicherungskasten links am Armaturenbrett anzapfen, und von dort aus eine Leitung unter der Verkleidung der A-Säule und dem Himmel bis zur DBE oder direkt zum Spiegel legen. Masse hingegen ist in der DBE immer vorhanden, ansonsten ist das Stahldach ja nicht weit. Am besten lötet man sich hier einen Steckkontakt auf und macht sich und anderen das Leben leicht, falls man dort doch noch mal dran muss.
Probefahrt
Ist der Kleber ausgehärtet, alle Anschlüsse gelegt und alle Leitungen wieder unter den Verkleidungen versteckt, steht der ersten Probefahrt nichts mehr im Wege. Hier muss man sich bis zur Dunkelheit gedulden, bevor der Spiegel seine volle Wirkung entfalten kann – dann aber richtig.
Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass man einen solchen Spigel problemlos auch für 20-30€ nachrüsten kann, wenn man etwa 3-4h Zeit in den Umbau investiert. Ist gut angelegte Zeit, meiner Meinung nach ist ein solches Spiegel eine der wichtigsten Komfortausstattungen.
Damit viel Spaß mit dem neuen Update für das alte Auto und allzeit gute Fahrt, euer Simon 🙂
Atelier Baumgartner meint
Gut gemacht! Sowas hätte ich auch gerne.
„Nein, so einfach geht das nicht, da müssen auch die Frontscheibe austauschen.“
Mal wieder Typisch VW. Ich vermisse meinen Golf keine Sekunde. Auch so ein VW-Golf Ding ist es, dass man zum Austausch der Batterie eine Ratsche mit Verlängerung benötigt da die Befestigung unten am Fuss der Batterie erfolgt. Eine riesen Fummelei bis die Klammer plaziert und festgezogen ist.
Mal ganz eherlich welche blöde Sau lässt sich sowas einfallen? Bei meinem Subaru ist es eine Klammer oben drüber. Die ist in 2 sec. entfernt. Will man am Linken Scheinwerfer das Leuchtmittel ersetzen muss man die Batterie rausnehmen um vernünftig ran zu kommen.
Für mich ist der Konzern gestorben.
Tobias meint
Hallo
Super Idee und klasse Umsetzung. Bin gerade dabei es nachzubauen. Kennst du vielleicht noch die Kabelfarben und was welches Kabel macht?
Danke
Alexander Hesse meint
Belegung am internen Stecker.
Pin Farbe Belegung
1 ws Klemme 15 (Zündungsplus)
2 sw Klemme 31 (Masse)
3 gr RF (Rückwärtsgangsignal)
4 gn Signal Abblendung Außenspiegel links
5 bn Signal Abblendung Außenspiegel rechts
6 ge Signaleingang für eingeschaltete Innenleuchte
Detlef Preuß meint
Hi,
sehr interessanter Beitrag. Ich habe eine kleine Erweiterung:
Wir haben eine VW Bora. Bei diesem muss der Innenspiegel gewechselt werden, da Verspiegelung Schlieren aufweist und der TÜV das vermutlich monieren wird.
Jetzt hat der Bora einen Regensensor und es bietet sich an einen automatisch abblendbaren Innenspiegel nachzurüsten.
Worauf müsste ich achten?
Rückmeldung gerne als PN
Viele Grüße
Detlef Preuß
Simon Bäumer meint
Eigentlich nur auf den Durchmesser der Kugel – wenn die der Version mit Regensensor eh schon groß ist, könnte es fast plug’n’play gehen mit der Nachrüstung.